25. Juni 2014

Rezension zu "28 Tage lang" von David Safier


|  Autor: David Safier  |  Preis der gebundenen Ausgabe: 16,95 €  |  Seiten: 416  |  Verlag: Kindler  |  Einzelband



1943: Die sechzehnjährige Mira lebt im Warschauer Ghetto und schmuggelt Lebensmittel, um ihre Mutter und ihre kleine Schwester Hannah durchzubringen - dabei setzt sie sich permanent der Gefahr aus, die Juden aus dem Ghetto durch SS-Soldaten droht. Miras Leben ist nicht besonders gut, doch noch ist sie nicht tot und macht immer weiter. Eines Tages jedoch erfährt sie, dass die gesamte Ghettobevölkerung umgebracht werden soll. Daraufhin schließt sie sich dem ihr bisher nicht sonderlich sympathischen Widerstand an, schließt Freundschaften, erlebt Erfolge, aber auch Verrat und heftige Rückschläge. Doch der Widerstand ist zäh, zäher als erwartet - er schafft, es, der SS 28 Tage lang standzuhalten. Währenddessen stellt sich immer wieder eine Frage: Was für ein Mensch will man sein?



Wie schafft man es, ein Buch über ein ernstes, auch heftiges Thema zu schreiben und dabei positiv zu bleiben, ohne unernst oder unrealistisch zu werden? Ich weiß es nicht. Aber David Safier weiß es definitiv, denn er hat es mit "28 Tage lang" geschafft.
Denn ernst und heftig ist es auf jeden Fall. Es ist das Jahr 1943. Die Nationalsozialisten haben in Warschau ein Ghetto errichtet, in dem polnische und deutsche Juden unter furchtbaren, ungerechten Bedingungen leben. Als Leser erlebt man die Geschichte aus der Perspektive von Mira, die jeden Tag mit den Ungerechtigkeiten leben muss, und davon gibt es ziemlich viele. Die Ghettobewohner sind praktisch handlungsunfähig, denn beim kleinsten Mucks müssen sie damit rechnen, erschossen zu werden. Sie haben keine Rechte und meistens auch keine Hoffnung mehr.
Wieso ich dann schreibe, dass die Geschichte irgendwie positiv ist? Weil ich es ganz am Ende, als ich die letzte Seite umblätterte und dann das Buch schloss, so empfand, nachdem alles ziemlich lange unfair und trostlos war.
In "28 Tage lang" passiert viel. Menschen sterben. Menschen erleiden Schmerzen. Menschen wünschen sich, sie wären lieber tot, als den derzeitigen Zustand noch länger miterleben zu müssen. Protagonistin Mira selbst erlebt einen Rückschlag nach dem anderen. Und doch, "28 Tage lang" ist kein Buch über das Aufgeben, sondern über das Weitermachen, auch wenn das manchmal unmöglich scheint. Es zeigt, dass es in jeder Situation etwas gibt, wofür sich die Hoffnung lohnt.

Protagonistin Mira war mir, nachdem ich in die Geschichte hineingefunden hatte, sehr sympathisch. Sie schmuggelt Lebensmittel, um ihre Mutter und ihre kleine Schwester Hannah durchzubringen, und hat schon früh die Verantwortung für ihre Familie übernommen. Man merkt ihr an, wie es ist, mit einer solchen Verantwortung zu leben, und für ihre sechzehn Jahre ist sie sehr reif, was allerdings gut zu ihr passt. Mira ist meistens niemand, der mit dem Kopf durch die Wand geht, und doch gab es Situationen, in denen sie gehandelt hat, ohne nachzudenken - was aber auch immer nachvollziehbar war. Sie tut nicht immer nur das Richtige, aber sie tut ihr bestes. Sie erzählt die Geschichte in Ich-Form und einfacher Vergangenheit, wodurch ihre Erlebnisse und Gefühle immer sehr gut rüberkamen.
Es gibt viele Nebencharaktere im Buch, zu denen ich aber nichts schreiben möchte, da ich der Meinung bin, dass man diese beim Lesen besser selbst "kennenlernen" sollte.

Was mir an dem Buch wirklich, wirklich gefallen hat, war, dass die Geschichte zwar authentisch war, der Autor aber nicht alles mit geschichtlichen Informationen vollgestopft hat. Man erfährt viel über die damalige Zeit und die Umstände, ohne das Gefühl zu haben, in einer Geschichtsstunde gelandet zu sein. Die Sprache ist sehr modern und manchmal umgangssprachlich; "28 Tage lang" lässt sich sehr leicht lesen und wirkte auf mich niemals in die Länge gezogen.




Ich schaffe es nicht, ein Fazit zu schreiben, darum fasse ich nochmal zusammen: die Geschichte ist nicht mit historischen Hintergrundinfos überladen, bleibt aber immer authentisch. Der Schreibstil ist leicht lesbar und die Sprache modern. Protagonistin Mira war mir schnell sympathisch und hat immer nachvollziehbar gehandelt. Und ich fand gut, dass das Buch bei mir am Ende trotz all der Unfairness in der Geschichte ein positives Gefühl hinterlassen hat, da der Autor ausdrückt, wie wichtig es ist, nicht aufzugeben, sondern weiterzumachen - egal, was passiert. Aber irgendetwas hat mir gefehlt, um das Buch komplett zu mögen. Deswegen gebe ich "28 Tage lang" 4 von 5 Sternen.
Ihr glaubt nicht, wie lange ich für diese Rezension gebraucht habe. Es war fast eine Woche. Und trotzdem finde ich sie dermaßen mies.

9 Kommentare:

  1. Vorweg muss ich sagen, dass ich sehr gerne geschichtliche Bücher aus dem dritten Reich lese (Obwohl "gerne lesen" immer ein etwas seltsame Wortwahl ist) und meine Neugier nach dem Klappentext sofort geweckt war. Deine Darstellung ist sehr schön geschrieben. Ich tue mich auch immer schwer diese Bücher zu rezensieren, es ist eigentlich unmöglich eine Meinung bzw. ein Fazit abzugeben. Aber das, was du angebracht hast macht Lust dieses Buch zu lesen. Ich werde es mir gleich bei Amazon noch mal näher betrachten. :)

    <3 Nadine

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    1. Ich mag solche Bücher eigentlich überhaupt nicht, aber dieses hier klang einfach so anders als andere aus dem Themenbereich, von denen ich bisher gehört habe. Ich fand schön, dass man soviel über den Widerstand erfahren hat.
      Ich habe ziemlich viel Meinung zu diesem Buch, aber ich schaffe es irgendwie nicht, das in Worte zu fassen. Ich hätte wirklich gern mehr dazu geschrieben, aber ich kann es gar nicht beschreiben. Auf jeden Fall kann ich es dir sehr empfehlen :)

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    2. Das was du geschrieben hast, hat ja schon vollkommen ausgereicht um meine Neugier zu wecken. Ich werde es mir auf jeden Fall näher ansehen. Vielleicht gebe ich es erst meiner Mama. Sie liest auch gerne Bücher in diesem Genre und testet immer gerne für mich :D

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  2. Von Safier habe ich bisher nur "Mieses Karma" gelesen, was ich aber eher mittelmäßig fand. Deswegen hätte ich "28 Tage" keine Beachtung geschenkt. Wusste noch nicht einmal worum es geht xD Deine Rezension kommt wir jetzt wirklich gelegen, weil ich gerade ziemlich auf diese Zeit fixiert bin. Danke! :D

    Liebe Grüße,
    Bramble

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    1. Ich habe von ihm auch nur ein ähnliches Buch gelesen (Muh! hieß es, glaube ich) und wusste ansonsten, dass der Autor eher lustige Sachen schreibt. Deswegen war ich neugierig, wie "28 Tage" wohl ist, und ich fand es wirklich gut :)
      Bitte, es freut mich, dass dir die Rezension hilft! :)

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  3. Also als "miese" Rezension würde ich das nun wirklich nicht betrachten. Immerhin war sie so "mies", dass du mich überzeugt hast, dass dieses Buch interessant ist. Ich werde es definitiv im Hinterkopf behalten. ^^

    Ganz liiebe Grüße! ♥

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    1. Ich habe einfach überhaupt nicht in Worte fassen können, wie ich das Buch fand, und deswegen liest sich die Rezension für mich total mies :/ Mich freut aber, dass ich dich in dieser Hinsicht überzeugen konnte, denn interessant ist es wirklich.

      Ganz liebe Grüße zurück :)

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  4. Tolle Rezi. Ich habe das Buch vor Kurzem gelesen und mir gefiel es auch super. Bin froh, dass ich es gelesen habe!

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    1. Danke :) Ich bin auch froh, es gelesen zu haben, da ich solchen historisch angehauchten Büchern gegenüber vorher etwas skeptisch war.

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